Im Mai 2025 traf sich Christian Henrici erneut mit Timo Frank von der gematik GmbH, um in einem Update über die elektronische Patientenakte (ePA) und den aktuellen Stand der Telematikinfrastruktur (TI) zu sprechen. Bereits im Januar gab es eine umfassende Einführung – nun wurde es Zeit für einen Realitätscheck.
Stufenweiser Rollout statt Big Bang
Der offizielle Startschuss für die ePA fiel am 15. Januar 2025 – zumindest auf dem Papier. Tatsächlich wurden die über 70 Millionen Akten für gesetzlich Versicherte schrittweise in einem mehrwöchigen Prozess angelegt. Zunächst hatten nur Praxen in drei Modellregionen (Hamburg, Franken, NRW) Zugriff. Diese kontrollierte Phase war wichtig, um Funktionen zu testen und Sicherheitsbedenken auszuräumen.
Der bundesweite Zugriff für alle Arztpraxen und Apotheken ist seit Ende April Realität. Seitdem finden täglich rund eine Million Abfragen auf Medikationsdaten statt – ein beeindruckender Start.
ePA: Noch nicht perfekt, aber funktional
Der erste große Use Case der ePA ist die strukturierte Übersicht über verschriebene Medikamente. Diese entsteht automatisch aus eingelösten E-Rezepten. Auch wenn die ePA aktuell noch keine freiverkäuflichen Medikamente, Betäubungsmittel oder weitere Gesundheitsdaten wie Laborwerte oder Bildbefunde enthält – der Plan ist klar: Schicht für Schicht soll die ePA weiter ausgebaut werden.
Ziel ist eine bessere Arzneimitteltherapiesicherheit, weniger Medienbrüche und vor allem: schnellere, informierte Versorgung.
Digitalisierung bedeutet auch: Wandel organisieren
Die eigentliche Herausforderung liegt laut Timo Frank nicht in der Technik, sondern in der digitalen Transformation der Prozesse. Wie benenne ich Dokumente sinnvoll? Wie binde ich die ePA elegant in meine Praxissoftware ein? Genau hier setzt die gematik an – mit klaren Schnittstellen, Standards und einem offenen Dialog mit Anwender:innen.
Ein weiterer Schritt: Die Einbindung von Patient:innen. Die ePA-App ist bereits verfügbar. Bald kommt eine Messenger-Funktion (TI Messenger), um auch sichere Kommunikation im Gesundheitswesen zu ermöglichen – jenseits von Faxgeräten und Telefonaten.
Transparenz bei TI-Kosten: Offene Diskussion erwünscht
Ein brisantes Thema kam ebenfalls zur Sprache: die Kosten für die TI-Anbindung. Henrici kritisierte, dass viele PVS-Hersteller hohe Margen auf TI-Dienste schlagen – wohl wissend, dass diese refinanziert werden. Timo Frank verweist auf die komplexe Marktstruktur und gesetzliche Grenzen für Eingriffe.
Beide sind sich einig: Mehr Transparenz bei Preisen und Leistungen wäre wünschenswert. Und: Die Diskussion ist nicht beendet – ein weiteres Update im Herbst ist bereits geplant.
Fazit:
Die digitale Patientenakte ist Realität – mit Luft nach oben. Die Weichen sind gestellt, der Rollout läuft, und die ersten echten Use Cases zeigen: Digitalisierung im Gesundheitswesen funktioniert. Jetzt geht es darum, Prozesse weiter zu optimieren, Nutzer:innen mitzunehmen und die Kosten fair und transparent zu halten.
👉 Wer mehr erfahren oder mitdiskutieren möchte, hört am besten direkt in die Podcast-Folge rein. Hören Sie die vollständige Episode im Praxisflüsterer-Podcast, verfügbar auf allen gängigen Podcast-Plattformen.
Mehr zur ePA in der Praxis
Wie funktioniert die elektronische Patientenakte in der Praxis? Welche Pflichten haben Zahnarztpraxen? In unserem Beitrag Die elektronische Patientenakte (ePA): Was Sie wissen müssen finden Sie die Antworten.
Einen tieferen Einblick in die digitale Zukunft der Medizin und die Rolle der gematik bietet auch das erste Gespräch mit Timo Frank aus dem Februar – jetzt lesen: Digitale Zukunft der Medizin: Ein Gespräch über Telematikinfrastruktur und Innovation mit Timo Frank oder hören Sie die passende Folge hier.